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Annäherung

 

In diesen Tagen begleitet mich ein altes Gemälde:

ein Bild von Albrecht Dürer mit dem Namen „Christus als Schmerzensmann“.

 

Mein Mutter gab es mir beim letzten Besuch in Form einer Postkarte mit

und ich lehnte es an die Blumenvase auf dem Wohnzimmertisch.

Einfach, weil ja gerade Osterzeit ist und es so gut da rein passt.

 

 Nun sah mich dieser Schmerzensmann also einige Wochen an.

Blutig und mit Dornenkrone.

Müde, erschöpft und mit aufgestütztem Kopf.

Traurig und doch von Gold umgeben.

 

Und ich sass da auf dem Sofa mit Cappuccino.

Jeden Tag neu.

 

Ich versuchte, das Bild zu verstehen und eine Verbindung herzustellen.

Und sie wuchs in ihrem ganz eigenen Takt.

 

„An welcher Stelle der Passionsgeschichte befindet sich hier Jesus eigentlich?“

fragte ich mich immer wieder.

Erst mit der Zeit verstand ich:

das kann nicht am Karfreitag vor der Kreuzung sein!

Das muss der Auferstandene sein.

Aber …sieht SO der Auferstandene aus? 

 

Jetzt, an den Ostertagen frage ich mich immer noch,

ob Jesus so ausgesehen hat,

als er Maria im Garten begegnet ist und sie ihn mit dem Gärtner verwechselte.

Und ich frage mich, ob er so der Auferstandene ist,

mit dem ich immer wieder neu den Kontakt suche.

 

„Rühr mich nicht an, denn ich bin noch nicht zum Vater aufgefahren,“

sagte er zu Maria.

Wenn er tatsächlich so ausgesehen hat wie auf Dürers Bild,

macht sein Rühr-mich-nicht-an richtig Sinn.

Dem verwundeten Gottessohn würde dann die himmlische Herrlichkeit fehlen,

die sich auch in meine Denke eingeschlichen hat.

 

Ich komme zu dem Schluss,

dass dieses Bild wahrscheinlich ein Karsamstagsbild ist.

Es zeigt vermutlich einen Moment,

in dem Jesus seine irdische Mission in Menschengestalt nachwirken lässt.

Vielleicht braucht er einen Moment zum Durchatmen ganz für sich alleine,

um zu realisieren, was zuvor Schlag auf Schlag geschehen ist?

 

Und nun ist es geschafft.

Oder um es in seinen Worten zu sagen:

Es ist vollbracht!

 

Er hat sein Projekt zum Ende gebracht und es hat ihn bis an die Grenze gebracht -

und weit darüber hinaus.

Erschöpft, ja, so erscheint er mir heute

und begegnet mir damit in meiner Erschöpfung und Müdigkeit.

Hier kann ich anknüpfen,

hier wächst neue Verbindung zu ihm,

den ich oft so ergebnislos suche und nicht finden kann.

 

 

Jetzt Du:

 

Wenn man sich Zeit zum Gebet nehmen möchte,

funktioniert das nicht immer so

wie man sich das vorstellt.

 

Aber Gott macht sich manchmal

zwischen den Zeilen bemerkbar

und begegnet uns

auf unerwartete Art neu

und völlig anders als gewohnt.

 

Er weiß schon,

wie er uns neu mit sich in Kontakt bringen kann,

in einer Art und Weise,

die genau für dich und mich passend ist.

 

Dazu braucht es manchmal nur

… ja, was denn?

 

- ein irritierendes Bild

- einen Blick hinter das Offensichtliche

eine Tasse Cappuccino

- ein aufmerksames Entgegen-Nehmen eines kleines Impulses

- ein bisschen Mut zum Alleinsein und Unterbrechen des Alltagstrotts

- zwei Atemzüge mit Blick zum Himmel

- eine leise Bitte: bitte begegne mir neu!

- das gewohnte Bild von Gott loslassen und ihm erlauben uns neu und anders zu begegnen

 

 

 

oder…???

 

Was brauchst du?